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Open Educational Resources

ls Open Educational Resources (englisch, kurz OER) werden freie Lern- und Lehrmaterialien mit einer offenen Lizenz wie etwa Creative Commons oder GNU General Public License in Anlehnung an den englischen Begriff für Freie Inhalte (open content) bezeichnet

Das Konzept von OER kann als eine neue Art der Informationserstellung und -(ver-)teilung im Bildungsbereich verstanden werden. Dabei repräsentieren OER lediglich Informationen und mangels eines institutionellen akademischen Charakters kann über die Nutzung dieser Ressourcen kein akademischer Titel erworben werden.[1][2] Es ist eine verstärkte Integration von OER im Bereich der internetbasierten Wissensvermittlung sowie in der Fern- und Hochschullehre zu beobachten.[3] Insbesondere im Bereich der Social Media ist eine zunehmende Verbreitung von OER zu erkennen. Auf diese Weise erhoffen sich Autoren von OER einen stärkeren Verbreitungsgrad ihrer Inhalte sowie eine damit einhergehende steigende Reputation.[4]

Begriff
Der Begriff wurde erstmals vom UNESCO 2002 Forum on the Impact of Open Courseware for Higher Education in Developing Countries[7] verwendet. Als OERs können sowohl freie Lernmaterialien, freie Software als auch freie Lizenzen begriffen und verstanden werden.

Die unterschiedlichen Definitionen und Verständnisse von OER beinhalten nach Geser (2007) folgende Merkmale :

„dass der Zugang zu freien Inhalten (einschließlich der Metadaten) für Bildungsinstitute, so genannte ‚Content Services‘ sowie Endverbraucher wie Lehrer, Schüler und Studenten und lebenslang Lernende kostenlos ist

dass Inhalte weniger restriktiv für die Weiterverbreitung zu Bildungszwecken lizenziert werden, so dass sie nach Möglichkeit verändert, kombiniert und in anderem Zusammenhang wiederverwendet werden können; folglich, dass Inhalte idealerweise unter Verwendung von offenen Standards und Formaten so gestaltet werden, dass sie einfach wiederzuverwenden sind;

dass für Lernsysteme/-werkzeuge eine Software benutzt wird, deren Quellcode zugänglich ist (also eine Open-Source-Software) und dass offene Schnittstellen (open APIs) und Genehmigungen für die Weiterverbreitung von webbasierten Diensten sowie Inhalten vorhanden sind.“[8]

Die „William and Flora Hewlett Foundation“ definiert OER wie folgt:
Die „William and Flora Hewlett Foundation“ definiert OER wie folgt:
OER sind frei zugängliche Lehr-, Lern- und Forschungsressourcen, die gemeinfrei sind oder auf Basis freier Lizenzen die Verwendung und Veränderung erlauben. Open Educational Resources umfassen vollständige Kurse, Kursmaterialien oder -aufgaben, Lehrbücher, Videos oder Anwendungsprogramme sowie andere Werkzeuge, Materialien oder Techniken, die genutzt werden, um den Wissenserwerb zu unterstützen.[9]

OER können aus unterschiedlichsten digitalen Inhalten und Formaten bestehen. Lerninhalte können z. B. Onlinekurse, Kursmaterialien, Open Textbooks, Aufgabensammlungen oder Zeitschriften etc. sein. Geschichte

Der Begriff der Open Educational Resources ist vor dem Hintergrund der sozialen Bewegung des Open Source entstanden, die seit den 1960er und dann verstärkt seit den 1970er Jahren die Offenlegung, die Weitergabe und das Studium der Quelltexte von Software forderte. Die Hacker-Kultur, die unter den Programmierern am Massachusetts Institute of Technology gediehen war, führte zur Gründung des GNU-Projekts und schließlich Anfang der 1990er Jahre zur Veröffentlichung des freien Betriebssystems Linux. In den 1990er Jahren entstand zudem die Open-Access-Bewegung, die sich für den offenen Zugang zu wissenschaftlicher Literatur einsetzte, insbesondere wenn diese Ergebnisse aus Forschungsprojekten enthalte, welche aus öffentlichen Mitteln finanziert worden waren.[10] Der nächste Schritt in dieser Richtung war die bildungspolitische Forderung nach Open Education, wonach Bildung als solche frei verfügbar zu machen sei. Im Jahr 2001 startete die Wikipedia zur gemeinschaftlichen Erstellung einer Online-Enzyklopädie

. Vorreiter bei freien Inhalten im akademischen Bereich war das MIT-OpenCourseWare-Projekt, in dessen Rahmen seit 2002 Lehr- und Lerninhalte aus der Hochschullehre vom Massachusetts Institute of Technology unter einer freien Lizenz online veröffentlicht werden.[11] Dieses Angebot ließ die UNESCO insbesondere mit Blick auf die Bedürfnisse von Entwicklungsländern bewerten. Der abschließende Bericht des Forum on the impact of open courseware for higher education in developing countries führte seinerzeit den Begriff der Open Educational Resources ein. Als alternative Bezeichnungen wurden die Begriffe open courseware, open learning resources und open learning/teaching resources empfohlen.[12] Der Bericht zählte vier Merkmale auf, die OER auszeichnen:[12]

• Die allgemeine Vision, freien Zugang zu dem Lernmittel zu gewähren mit der Möglichkeit, es zu bearbeiten.

• Die Methode der Verteilung über Informations-/Kommunikationstechnologie.

• Die Zielgruppe: Eine divers zusammengesetzte Gruppe von Benutzern.

• Der Zweck: Die Bereitstellung einer didaktischen, nichtkommerziellen Ressource.

Im Vordergrund standen damals also insbesondere die Vorteile für ärmere Länder, die sich daraus ergeben, dass Lernmittel in Form von digitalen Medien mit vergleichsweise niedrigen Kosten verfügbar geworden waren. Man stellte sich enthusiastisch[13] eine „weltweite Gemeinschaft von Lehrern“ vor, die gemeinsam Lernmittel entwickeln und untereinander austauschen, und die eine wertvolle Ressource erstellen und pflegen, ähnlich wie das UNESCO-Welterbe.[14]

Dieser Ansatz traf seinerzeit auf zwei Trends: Zum einen nahm die Bedeutung digitaler Medien für den Fernunterricht immer mehr zu. E-Learning, Blended Learning bzw. bimediales Lernen entstanden. Zum anderen nahm das Interesse am Einsatz digitaler Medien auch im Unterricht an Schulen und Hochschulen stetig zu. Das ZUM-Wiki wurde 2004 gegründet; 2006 folgte das ZUM-Grundschulwiki. In diesem Jahr wurden auch die Projekte Wikiversity und WikiEducator ins Leben gerufen.

Im Jahr 2007 stellte die OECD, die sich eher am Rande mit Open Educational Resources beschäftigt, fest, das Interesse an OER sei im Wachsen begriffen, und gab Empfehlungen für die weitere Verbreitung von OER auf nationaler und internationaler Ebene. Die Untersuchung hob den Nutzen von OER für eine Reihe von Nutznießern hervor, darunter die Ersparnis öffentlicher Mittel und die Förderung lebenslangen Lernens.[15][13]

Die entstehende „OER-Bewegung“[13] fand ihre politische Form in der Cape Town Declaration, die im Jahr 2008 bei einem Treffen von Aktivisten verabschiedet wurde: Lehrer und Lernende wurden dazu aufgerufen, sich der OER-Bewegung anzuschließen, Regierungen und Bildungseinrichtungen sollten auf freie Lernmittel setzen.[16]Zu den Unterzeichnern zählen viele zivilgesellschaftliche Akteure, darunter auch die Wikimedia Foundation, Wikimedia Deutschland,[17] Wikimedia France, Wikimedia Polska und Wikimedia UK. Die Ziele der Cape Town Declaration wurden 2012 von der UNESCO in ihrer Pariser Erklärung aufgegriffen und weiter ausgeführt.[18]

Die offene Ressource, die seitdem im Bildungswesen am weitesten Verbreitung gefunden hat, ist sicherlich die Online-Enzyklopädie Wikipedia, die der ARD/ZDF-Onlinestudie 2012 zufolge von 96 Prozent aller Schüler zur Unterrichtsvorbereitung verwendet wird (alle Internetnutzer: 72 Prozent).[19] Dem (N)ONLINER-Atlas 2012 zufolge greift auch etwa die Hälfte der Lehrer für die Unterrichtsvorbereitung auf Wikipedia zurück. Etwa ein Zehntel nutzen das ZUM-Wiki regelmäßig. Allerdings handelt es sich bei Wikipedia nicht um ein Lehr- und Lernmittel, weil sie als Universalenzyklopädie nicht unter didaktischen Gesichtspunkten angelegt ist.

In Deutschland führte vor allem die umfangreiche Diskussion um den Schultrojaner seit dem November 2011 zu einer erheblichen Zunahme des Interesses an freien Lehrmitteln.[20]

Akteure

Einen Überblick über Organisationen, Projekte und Einzelpersonen im Bereich OER gibt die von der OER-Community gepflegte OER World Map, die ein Verzeichnis der globalen OER-Bewegung zum Ziel hat.

Neben den politischen Akteuren, die den Begriff der OER auf supranationaler Ebene in den Gremien der UNESCO geprägt haben, wird das Feld weitgehend von der William and Flora Hewlett Foundation geprägt, die schon den Start der MIT OpenCourseWare mit finanzierte. Sie unterstützt eine Vielzahl unterschiedlicher Organisationen und Projekte im OER-Kontext, zum Beispiel auch die OER World Map.[21]

Obwohl die Wikimedia Foundation mit der Wikipedia die, je nach Zählung, fünft- bis siebtgrößte Website der Welt betreibt und Wikimedia-Projekte ausschließlich aus freien Inhalten bestehen, die im Bildungswesen weite Verbreitung gefunden haben, spielt das OER-Projekt Wikiversity bisher keine herausragende Rolle, weder unter den Wikimedia-Projekten noch sonst im Bereich der Open Educational Resources.

Die Free Software Foundation tritt für den Einsatz freier Software im Bildungswesen ein.[22] Ursprünglich standen große „freie“ Projekte wie die Wikimedia-Plattformen unter der GNU-Lizenz für freie Dokumentation (GFDL), die von der Free Software Foundation seit dem März 2000 herausgegeben wird. Aus Gründen der Praktikabilität ist man aber zwischenzeitlich mehrheitlich zu den Creative Commons-Lizenzen übergegangen. Creative Commons ist eine gemeinnützige Organisation mit Sitz in Mountain View (Kalifornien), die 2001 von dem amerikanischen Verfassungsrechtler Lawrence Lessig gegründet wurde.

Anreize und Hürden für OER

Die meisten diesbezüglichen Studien zu der Frage, warum Materialien als OER angeboten werden bzw. warum dies unterbleibt, sind um 2007/2008 erschienen, nachdem die „OER-Bewegung“ soweit Gestalt angenommen hatte, um ein erstes Resümee ziehen zu können.[23]

Als technische Voraussetzungen sowohl für ein Angebot als auch für die Nutzung von OER werden die Verfügbarkeit eines breitbandigen Internetzugangs genannt sowie der Einsatz von freien Formaten, in denen OER zur Verfügung stehen. Hinzu treten Kostenargumente, insbesondere die sparsame Verwendung öffentlicher Mittel.[24] Aus rechtlicher Sicht ist die Verfügbarkeit von freien Lizenzen, vor allem die GPL, die GFDL und die Lizenzfamilie Creative Commons, eine Voraussetzung für das Erstellen, das Verteilen und die Nutzung von freien Inhalten.[24] Hinzu treten soziale Aspekte wie die Bereitschaft, Wissen selbstlos weiterzugeben, und das Verfolgen einer bestimmten „OER-Policy“ durch die Politik oder durch Bildungseinrichtungen, die freie Inhalte begünstigt.[24] Unter umgekehrten Voraussetzungen liegen demnach jeweils mehr oder weniger hohe Hürden für OER vor.[24]

Ein wichtiger Anstoß für die Bereitstellung von Kursmaterialien durch Universitäten ist die Werbung für deren Präsenzangebote. Dieses Motiv stand am Anfang der Entwicklung, noch bevor der Begriff OER geprägt worden war. Das MIT stellte seine OpenCourseWare frei ins Internet, um damit für sich zu werben. Eine Marktstudie hatte ergeben, dass die Inhalte nicht verkäuflich waren. Andererseits hatten 35 Prozent der befragten Studenten angegeben, sich unter dem Eindruck der OpenCourseWare für ein Studium am MIT entschieden zu haben. Deshalb wurde das Angebot beibehalten und weiter ausgebaut. Freie Bildungsplattformen helfen dabei, eine Bildungseinrichtung gegenüber konkurrierenden Hochschulen zu profilieren. Deshalb verschenkt auch die Open University, die auf Fernunterricht spezialisiert ist, seit einiger Zeit einen Teil ihrer Kursmaterialien. Altruistische Motive werden dadurch relativiert. Einzelne Lehrende versprechen sich von der Veröffentlichung ihres Materials neben dem Gewinn an Reputation auch mehr Feedback zur weiteren Verbesserung der Inhalte.[25][26]

Die größte Hürde für OER dürfte aber die fehlende Bereitschaft zum Teilen sein sowie die Angst vor Kontrollverlust und vor der Kritik durch die Kollegen.[27]

Institutionelle Unterstützungen von OER-Initiativen

OER im deutschen Sprachraum

Das Interesse an Open Educational Resources hat seit der Diskussion um den Schultrojaner 2011–2012 zugenommen, das Thema ist aber noch immer nicht im pädagogischen Mainstream angekommen. Das erste OERCamp, das aus dem EduCamp hervorgegangen war, fand vom 14.–16. September 2012 in Bremen statt. Im Sommer 2013 fand der Online-Kurs zu OER, COER13, statt. Im Herbst 2013 veranstaltete Wikimedia Deutschland die OER-Konferenz 2013, ein Jahr später die OER-Konferenz 2014. Im Frühjahr 2016 fand in Berlin das OER-Festival 2016[28] mit der erstmaligen Verleihung des OER-Award[29] statt.

Im Jahr 2011 räumte Deutschland bei einer Befragung als einziges von 28 OECD-Ländern dem Thema OER für die nahe Zukunft keine Priorität ein:[30] Der Mangel an digital verfügbarem Unterrichtsmaterial sei kein großes Problem. Erst für Ende 2014 wurde eine gemeinsame Bund-Länder-Stellungnahme zu OER angekündigt.[31]

Anzeichen für einen Wandel in der Einstellung gegenüber OER sind seitdem sowohl auf Bundesebene als auch in einigen Bundesländern erkennbar, etwa in Berlin.[32]Dort wurde zudem im Mai 2014 die erste Studie zu OER mit einem klaren Bundeslandbezug (Berlin) durch die Technologiestiftung Berlin herausgegeben.[33] 2013 wurden OER in den Koalitionsvertrag von CDU, CSU und SPD auf Bundesebene aufgenommen: „Schulbücher und Lehrmaterial (…) sollen, soweit möglich, frei zugänglich sein, die Verwendung freier Lizenzen und Formate ausgebaut werden.“[34]

International

Ein anderes Bild bietet sich in den USA. Die US-Regierung fasste 2011 den Entschluss in den folgenden vier Jahren 2 Mrd. $ in OER-Projekte zu investieren.[35]

Ein Großteil der früheren Arbeiten im Bereich der OER wurde von finanzstarken US Universitäten und Organisationen, wie z. B. der Flora Hewlett Foundation finanziert. Diese Organisationen unterstützten die OER-Initiativen von 2002 bis 2010 mit über 110 Mio. $, von denen mehr als 14 Mio. $ an das MIT gingen.[36] Weitere Finanzierungen wurden u. a. von der Shuttleworth Foundation sowie von britischen Organisationen wie der JISC und der HEFCE geleistet.[37]

Die UNESCO nimmt eine führende Rolle ein, hinsichtlich der Schaffung eines internationalen Bewusstseins für OER.[38] Über das International Institute of Educational Planning wurde eine Debatte angestoßen, wie OER in der Praxis umgesetzt werden kann. Insbesondere wenn die OER-Bewegung auf internationaler Staatenebene sowie durch die Unterstützung professioneller Organisationen vorangetrieben wird, haben OER, nach Ansicht der UNESCO, das Potenzial eine globale und frei zugängliche Quelle qualitativ hochwertiger Bildungsinformationen zu werden.[39]


Qualitätssicherungsverfahren für OER
Einheitliche Standards gibt es bis heute nicht. Denkbar sind u. a. folgende Qualitätssicherungsverfahren, die von sehr offenen bis zu geschlossenen reichen und auch kombiniert werden können:

1.Offene Kommentierung durch Nutzer: Angezeigt werden die Bewertungen bzw. Kommentare der vorherigen Nutzer. Eine automatische Anzeige der Downloadzahlen wird ebenfalls diskutiert, diese sind aber weniger aussagekräftig als Kommentare.

2. Peer-Review-Prozess als Filter vor der Veröffentlichung: Es handelt sich um ein aufwändiges Verfahren.

3. Nutzung des Namens einer Institution als Qualitätsgarantie: Auf diesem Weg könnten allerdings Autoritäten wie Universitäten oder staatliche Behörden durch Akkreditierungsverfahren Macht über OER erlangen: Die OER-Produzenten würden sie ihnen selbst einräumen, um den Nutzern die gewünschte Qualität garantieren zu können. Kerres und Heinen warnen davor, dem Wunsch nach Ordnung nachzugeben. Sie plädieren für „informationell offene Ökosysteme“[40] für den Bereich der Bildung.